Welche Haarfarbe hat ein Buckelwal?
Dolmetscher wissen über unheimlich viele Dinge ziemlich wenig. Weil wir in unserem Beruf zu so vielen Themen ein grundlegendes Verständnis entwickeln müssen, eignen wir uns über die merkwürdigsten Dinge ein (oft) recht oberflächliches Wissen an. So habe ich im Laufe meines Berufslebens so wichtige Dinge erlernt wie den Unterschied zwischen einer Anhänge- und einer Anbaufeldspritze, welche Aufgaben die Berufungspastoral mit sich bringt, was das Reafferenzprinzip ist oder wozu eine IMSI dient.
Auch bei diesem Einsatz lerne ich wieder Dinge, von denen ich nie ahnte, dass ich sie schon immer mal wissen wollte. Ich habe zum Beispiel gelernt, dass die Inselkette der Aleuten vulkanischen Ursprungs ist. Entstanden sind die vielen Vulkane dort, wo zwei tektonische Platten aufeinandertreffen: Die Nordamerikanische und Pazifische Platte bewegen sich aufeinander zu und kollidieren (in Zeitlupe) miteinander. Die Pazifische Platte ist hier von einem tiefen Ozean bedeckt und ihre Kruste dichter als die kontinentale Kruste der Nordamerikanische Platte, die an dieser Stelle nur von einem flachen Schelfmeer (der Beringsee) bedeckt ist. Die stärker komprimierte und folglich dichtere, schwerere Platte wird unter die leichtere gezogen (Subduktion), wodurch ein Meeresgraben und, dicht dahinter, Vulkane entstehen – ein typisches Phänomen für sogenannte destruktive Plattengrenzen.
All diese Dinge lerne ich von unseren Wissenschaftlern, die wir an Bord haben, und unseren Bootsführern, die sich alle mit der Tierwelt, Geschichte oder Geologie der Orte, die wir besuchen, bestens auskennen. Ich lerne zum Beispiel, dass Trottellummen-Väter monatelang alleinerziehend sind (Aha!). Dass der Ortsname „Unalaska“ nichts damit zu tun hat, dass der Ort nicht zu Alaska gehört – sondern damit, dass der Ort in der Sprache der Unangan (des hier ansässigen indigenen Volkes) „Ounalashka“ hieß. Und dass alle Buckelwale blond sind.
Es ist nämlich so: Wie jeder weiß, sind Buckelwale Säugetiere. Die Merkmale eines Säugetiers sind: Es hat eine Wirbelsäule, es atmet durch seine Lungen, es ist lebendgebärend – und es ist behaart. Klingt komisch, ist aber so: Die Buckel, die dem Buckelwal seinen Namen verliehen haben, sind in Wirklichkeit Haarfollikel. In jeder der dicken Beulen, die das Gesicht des Buckelwals zieren, sitzt ein einzelnes Follikel, und darin wiederum ein einzelnes, rudimentäres Haar. Und bei allen Buckelwalen, deren Follikel man jemals untersucht hat, war das darin gefundene Haar: Blond.
Übrigens sind auch Delfine behaart. Sie werden mit ein paar wenigen Haaren auf der linken und rechte Seite ihres Schnabels geboren, doch ganz wie bei einem anderen Säugetier – dem Menschen – verlieren sie ihr Haar im Laufe der Zeit.
Und damit schließe ich die heutige Sammlung von „Fun Facts“. Stay tuned: Morgen sind wir in Unga, und als wir das letzte Mal dort angelandet sind, sind wir dort auf ein Wildtier gestoßen, dass uns ganz schön überrascht hat. Genauso, wie mich die Haarfarbe von Buckelwalen überrascht hat… ich war überzeugt, sie seien brünett.
P.S. Alles, was man auf den Bildern sieht, habe ich gesehen. Mit meinen eigenen Augen! Ich bin allerdings fotografisch eher unbegabt, und deshalb stammen die Walbilder von meinem bezaubernden Kollegen Warren, der kann das erheblich besser als ich.
2 Antworten
Also ich hänge hier an deinen Erlebnissen und freue mich so sehr, dass du damit trotz weiter Ferne so nah bei mir bist.
Danke Dir für den super-netten Text und dem lieben Warren für die wunderbaren Bilder. Könnte ich ihn bitten, ein paar mehr Bilder von Dir auf dem Schiff bzw. auch an Land zu machen? Dann könntest Du sie mir schicken! Danke Euch allen für die immer schönen Mitteilungen – es ist fast wie selber dabei sein!