Der mobile Polarkreis

Der mobile Polarkreis

So schnell kann es gehen – meine zweite Umrundung Islands neigt sich auch schon wieder dem Ende zu. heute waren wir auf der kleinen Insel Grimsey, 40 km nördlich der isländischen Küste im Polarmeer gelegen. Aktuell läuft der Polarkreis über den nördlichsten Zipfel der Insel hinweg, etwa eine Stunde Fußweg von der Anlandungsstelle am kleinen, putzigen Hafen entfernt.

Der nördliche Polarkreis ist eine gedachte Linie rund um die Erde in der Nähe des Punktes, an dem unsere Erdachse aus dem Globus herausguckt. Da die Erdachse ein bisschen „wackelt“ (das ist der unwissenschaftliche Ausdruck für die Phänomene der Präzession und Nutation), die Sonne aber nicht, verschiebt sich der Polarkreis jedes Jahr ein bisschen: Er wandert aktuell jedes Jahr um 14,5 Meter nach Norden.

Auf Grimsey hat man dem Polarkreis ein Denkmal gesetzt. Oder vielmehr, direkt zwei. Heute waren es sogar drei. Das erste Denkmal war ein Schild direkt in der Nähe des Flughafens von Grimsey (er wird ungefähr ein Mal täglich angeflogen, im Jahr 2019 hat er immerhin 2133 Passagiere abgefertigt). Der Polarkreis zieht Touristen an, und diese freuten sich über Selfies quasi direkt beim Aussteigen aus dem Flugzeug. Allerdings liegt das Denkmal inzwischen nicht mehr an der tatsächlichen Stelle, an der der Polarkreis über die Insel verläuft. Ein zweites Kunstwerk musste her.

Dieses Mal war die Idee, ein „verschiebbares“ Werk zu schaffen, das mit dem Polarkreis wandern könnte. Man schuf eine Kugel aus Beton, die sich theoretisch um 14,5 Meter pro Jahr weiterrollen lassen würde. Allerdings hat sie einen Durchmesser von drei Metern und wiegt schlanke acht Tonnen. Das ist vermutlich einer der Gründe, warum die Kugel inzwischen nicht mehr weitergerollt wurde. Der andere Grund ist, dass der Polarkreis seinen Zugweg bis 2031 ins Meer verlegen wird, und da will man die Kugel ja nun auch nicht unbedingt hinrollen – zumal man sie dann 2039 nochmal für acht Jahre wieder zurück an Land rollen müsste, bis sie 2047 dann für längere Zeit im Meer verschwinden müsste.

Mein Kollege Morten hat dem Problem ganz einfach Abhilfe geschaffen, indem er ein mobiles Polarkreis-Monument geschaffen hat (ein Din-A-4-Blatt in einer Hülle, das an einem Metallstab befestigt ist). Damit haben wir den genauen Punkt auf dem Weg zwischen altem und neuem Polarkreisdenkmal markiert, und voller Stolz habe ich in Anwesenheit des Künstlers heute dort posiert. Bis 2031 geht das noch gut, danach müssen wir uns wohl Tauchanzüge beschaffen.

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Eine Antwort

  1. Mum sagt:

    Wonderful as ever, and thanks to you and Morten for the laugh!
    Saw a programme on TV about the changing magnetic field around the North Pole. Must be telepathy!

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