Bordkater
Fern von zu Hause vermisse ich so manches, dass es an Bord nicht gibt. Seit heute gibt es keinen Instant-Kaffee mehr (Buh!), den vermisse ich jetzt schon. Ich vermisse gutes Brot mit Normaltemperatur-Butter (statt der kleinen knallharten Butterwürfel in der Messe), ich vermisse meine Familie, meine Freunde, schnelles Internet und Musikstreaming, unseren Lieblings-Earl-Grey-Tee und unsere Dusche zu Hause mit fantastischem Wasserdruck. Am meisten vermisse ich meinen wundervollen Ehemann – und die Hunde.
Früher gab es auf Schiffen immer ein paar possierliche Felltierchen. An Bord der meisten Schiffe gab es Ratten und Mäuse, und genau deswegen in der Regel auch eine Bordkatze, die als Ratten- und Mäusefängerin angestellt war, Glück brachte und die Crew entzückte.
Nicht nur Katzen, auch andere Tiere durften mit, um die Besatzung bei Laune zu halten. So hatte zum Beispiel der berühmte Forscher John Franklin auf seiner fatalen Expedition mit dem Ziel der Entdeckung der Nordwestpassage (1845-1846) ein Äffchen dabei, ein Geschenk von seiner Frau. Das Äffchen hieß Jacko, war ein Mädchen und bei der Besatzung überaus beliebt – die Seefahrer nähten ihr Kleidung und verziehen ihr jeden Schabernack. In seinen Briefen erwähnt Franklin, dass Jacko eine diebische Ader habe, aber die Crew sie so unterhaltsam fände, dass man ihr die Räubereien nachsah.
Auch Hunde waren auf vielen Schiffen als Wegbegleiter und Gute-Laune-Offiziere, auf Expeditionsreisen auch manchmal als Jagdgehilfen oder Schlittenhunde, mit an Bord.
Nutz- und Haustiere an Bord von Schiffen haben eine lange Tradition. So nahmen schon die alten Römer Hühner mit an Bord, die als Orakel dienten (ähnlich wie das Tintenfischorakel orakelten die römischen Hühner über die Auswahl ihres Fressnapfes). Moderne Hühner müssen nicht mehr als Bordorakel herhalten, aber mindestens ein Huhn (namens Monique) hat bereits die ganze Welt umsegelt. Monique war dabei für die Versorgung mit Eiern zuständig, doch aus der reinen Arbeitsbeziehung zwischen dem Huhn-und-Bootsbesitzer Guirec und seiner Monique wurde schon bald eine echte Freundschaft.
Eine andere Vogelart war an Bord traditionell häufiger anzutreffen als Monique und ihre Artgenossen: Der Papagei. Hauptsächlich assoziieren wir ihn mit romantisierten Vorstellungen von Piraten auf Schatzsuche, aber auch an Bord anderer Schiffe hat man die intelligenten Tiere gern mitgenommen – wie zum Beispiel Sunny, die Graupapageiendame an Bord eines englischen Navy-Schiffs.
Das Phänomen der (Haus)tiere an Bord fand lange wenig Beachtung, doch es gab sie schon immer. Irgendwann ist jemandem aufgefallen, wie häufig Seefahrer auf alten Fotos mit ihren Hunden oder Katzen abgebildet waren, und es gibt sogar ein Online-Denkmal für die treuen vierbeinigen oder gefiederten Begleiter der Seefahrer.
Heute sind Tiere an Bord bedauerlicherweise nicht mehr üblich, was ich persönlich ganz schön blöd finde. Denn einen vierbeinigen Freund zum Kraulen und Spielen hätte ich hier an Bord schon sehr, sehr gern. Zwar liegt es auch heute noch im Ermessen des Kapitäns, ob er Tiere an Bord gestattet – doch moderne Hygieneregelungen machen es im Grunde unmöglich. Unser Kapitän erlaubt es jedenfalls nicht. Selbst das Antrinken eines eigenen Bordkaters ist ganz und gar verboten, da für alle Mitglieder der Besatzung an Bord striktes Alkoholverbot herrscht. Was mich an noch etwas erinnert, was ich zu Hause sehr vermisse: Ein gutes Glas Wein zum Essen.
Gern gesehene vorübergehende Begleiter auf unserer Reise: Möwen. Hier im Hafen von Vancouver.
Eine Antwort
Wie immer sehr unterhaltsam und informativ. Halte durch, Liebes, wir vermissen Dich alle hier auch sehr. Wenn ich richtig rechne, hast du mehr als die Hälfte der großen Reise geschafft und mich auch wunderbar mitgenommen.