Fischers Fritz fischt frische Fische

Fischers Fritz fischt frische Fische

St. Paul ist eine winzige Insel mitten im Beringmeer – immerhin die größte der vier Pribilof-Inseln, aber das heißt in diesem Fall nicht viel: Ganze 104 Quadratkilometer ist sie groß. Die nächstgrößere Insel, St. George, hat nur etwa 90 Quadratkilometer, und die anderen beiden Pribilof-Inseln sind im Grunde bloß große Felsklötze mitten in einem rauen, kalten Ozean. Hunderte von Kilometern trennen die Inseln vom nächsten Festland, und wenn ein Bewohner von St. Paul ins Krankenhaus muss, muss er mit einem Flieger mehrere Stunden lang ausgeflogen werden, da St. Paul zwar ein recht großes medizinisches Versorgungszentrum hat – doch kein medizinisches Personal, das sich ganzjährig in dieser windgepeitschten Einöde hier niederlassen mag. Mehrmals im Jahr fliegt für ein paar Wochen ein Arzt ein, wie in vielen anderen dieser abgelegenen Gemeinden, und sorgt für das Nötigste, doch die meiste Zeit sind die 450 Bewohner (oder so) sich selbst überlassen.

Die Insel selbst ist ein kleines Paradies für Seevögel, aber auch Heimat einer riesigen Kolonie von nördlichen Seebären: Etwa 50% der gesamten Population dieser Robbenart ziehen auf St. Paul ihre Jungen groß. Wir besuchen die Kolonien dieser großen, lauten und lustigen Tiere – über 300.000 sollen es insgesamt sein.

Es wohnen jedenfalls sehr viel mehr Robben auf St. Paul als Menschen. Genau weiß man nicht, wie viele Menschen noch auf St. Paul leben, aber fest steht: Die Bevölkerung schrumpft, und das lassen die vielen leerstehenden Häuser ahnen.

Die Menschen, die wir treffen, freuen sich aber über den Besuch, der Abwechslung und Einnahmen bringt: Selten wurde mir mit so viel Freundlichkeit begegnet. Ich bin an einer Weggabelung postiert, um unseren Gästen die Richtung zu weisen, und dort hält Jacob mit seinem riesigen Pick-Up-Truck an und stellt sich mir vor: Er ist der Bürgermeister von St. Paul. Ein paar Stunden später zieht Jacob erneut mit seinem Pick-Up an den Straßenrand – er möchte uns etwas schenken: Ein Freund von ihm hat heute heute frischen Heilbutt gefischt. Mehrere große Filetstücke schenkt Jacob uns, genug für das halbe Team, und wir bringen den frischen Fisch mit an Bord, wo er nach Feierabend vom Küchenteam unseres Restaurants für uns zubereitet wird.

Selten habe ich einen so köstlichen Fisch gegessen. Er schmeckt nach der Weite des Ozeans, nach Ingwer und Chili, nach Herzlichkeit und Lebensfreude. Ob der Fischer, der ihn fing, tatsächlich Fritz hieß, weiß ich übrigens nicht, aber ganz sicher war es so ziemlich der frischeste Fisch, den man sich vorstellen kann.

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